Österreich überschreitet EU-Frist
Österreich lässt wie fast alle anderen Staaten die von der EU gesetzte Frist zur Einführung der Speicherpflicht für Telefonverkehrsdaten verstreichen. Von Hackern über Handwerker und Journalisten bis zur Telefonseelsorge rufen 50 Organisationen zur Demonstration am 22. September gegen die umstrittene EU-Richtlinie in Berlin auf.Da man die "kritischen Stimmen sehr ernst" nehme, brauche es seine Zeit, bis die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung in Gang komme, hieß es am Donnerstagnachmittag aus dem Infrastrukturministerium.
Termin dafür gebe es auch noch keinen. Die EU-Frist zur verpflichtenden Speicherung von Verkehrsdaten in Telefonnetzen läuft am Samstag ab. Umgesetzt werde die Mindestversion der EU-Vorgaben, hieß es aus dem Ministerium: ein halbes Jahr Speicherpflicht für Telefon- und Internet-Daten.
Im Übrigen sei Österreich in EU-Europa längst nicht der einzige Staat, in dem Teil eins der EU-Richtlinie zur verpflichtenden Speicherung von Verkehrsdaten nicht plangemäß umgesetzt wird.
Pflicht und nicht
Gerade in Großbritannien, einem der vier EU-Staaten, von denen die EU-Richtlinie angetrieben wurde, spießt es sich ebenso bei der nationalen Umsetzung. Der ursprüngliche Plan, die Internet-Daten zugleich mit der Telefonie zu regeln, wurde wegen vorläufiger, technischer Undurchführbarlkeit fallengelassen.
Die EU-Richtlinie [Data-Retention] verpflichtet alle Mitgliedsstaaten, Verkehrsdaten aus Telefonnetzen und dem Internet mindestens ein halbes Jahr lang zu speichern.
Wer mit wem wann wo telefoniert, SMS oder E-Mails ausgetauscht hat sowie die temporär vergebenen dynamischen IP-Adressen - all das wird in einer Datenbank gespeichert. Es wird also genau das Pflicht, was im Telekommunikationsgesetz bisher ausdrücklich verboten war: die anlasslose Speicherung dieser personenbezogenen Datensätze auf Dauer.
Die Fristen
Während die Speicherpflicht für Verkehrsdaten aus Telefonnetzen mit 15. September in nationales Recht umgesetzt werden muss, haben Österreich und eine ganze Reihe von anderen Staaten längere Übergangsfristen für Internet-Daten ausgehandelt. Hierzulande läuft die Frist bis Frühjahr 2008.
Hier ist die Sachlage etwas anders als bei der Telefonie. Die Richtlinie ist hier voll von Ungereimtheiten, da eine Umsetzung analog zur Telefonie eine Rundumüberwachung ergäbe, die allen Ausgewogenheitsgeboten widerspricht.
Kommunikationsprofile
Warum die dauerhafte Speicherung dieser personenbezogenen Detail-Datensätze bis dato eben nicht gestattet war, liegt auf der Hand. Daraus lassen sich automatisierte Kommunikationsprofile von Personen und Unternehmen erstellen.
Eine ganze Reihe von darauf spezialisierten Programmen steht bereit, um diese Daten zu Diagrammen zu verarbeiten, die den Benutzer samt seinen hauptsächlichen Kommunikationspartnern gewissermaßen nackt ausziehen.
Dass die Datensätze alle gleich strukturiert sind, erleichtert das Data-Mining zusätzlich und präzisiert die Ergebnisse. Sobald diese Daten vorliegen, ist zur automatischen Erstellung einer beliebigen Anzahl von persönlichen Profilen oder Soziogrammen wenig mehr als der Start eines entsprechenden Programms notwendig.
"Staatssicherheitsagenturen"
Die Umsetzung der umstrittenen EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in technische Standards besorgen federführend Geheimdienste.
Das britische MI5, der deutsche Verfassungsschutz, die niederländische PIDS und andere "Staatssicherheitsagenturen" stehen hinter den aktuellen ETSI-Standards.
Die zugehörige Schnittstelle sowie die Datenformate für "Data-Retention" sind gerade in Arbeit. Wie üblich lässt man sich dabei nicht gern in die Karten sehen.
Quelle: Fz
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